Donnerstag, 25. Oktober 2007

CO2

Seit einiger Zeit kämpfe ich mit akutem Selbsthass. Denn: Ich bin ein Klimatöter, eine CO2-Schleuder, ein Gletscherkiller. Meine CO2-Bilanz ist grottig und Ich fühle mich schlecht. Ich esse oft, wasche mich häufig und lese immer Zeitung und was besonders ins Gewicht fällt: Ich atme. Kann es einfach nicht lassen. Schöne Scheiße, ich weiß.
Ich leide unter der Trendsportart der Stunde: Kohlendioxid-Aufrechnung. Jede technische Errungenschaft, jede Aktivität und auch jedes Vergnügen bekommt einen CO2-Preis aufgedrückt: Autofahrt zur Arbeit 30 Gramm, gebleichtes Klopapier benutzt 10 Gramm, Sex 5 Gramm… Und so weiter. Dieser Aufrechnungswut können wir armen Sünder nur entkommen, wenn wir uns schnell einen Ablassbrief besorgen – also Bäume pflanzen oder Biostrom bestellen. Das nervt.
Ich bin ja auch fürs Klima, für Eisschollen, für Südseeatolle und für glückliche Pinguinbabies aber es ist längst ein Punkt erreicht, wo das ehrliche Bemühen um eine Reduktion von Treibhausgasen in eine PR-Aktion umgeschlagen ist. Es hat sich eine grüne Gewissensschickeria gebildet, deren einzige gute Tat für die Umwelt wahrscheinlich darin besteht, CO2 neutrales Koks zu schnupfen. Ich meine, wenn selbst Pro7 jetzt schon einen auf CO2-Schützer macht, dann ist es Zeit, die Schuldgefühle zu verdrängen und den Ablasspredigern zu sagen: Steckt euch eure Anti-CO2-Missionierung in den Pöterich. Wer Stock-Car-Challenges veranstaltet, die soviel Kohlendioxid produzieren wie ein weißrussisches Treckerkombinat, soll mir nicht vom Klima reden. Wie wär es denn, vor der eigenen Tür zu kehren? Man könnte doch zum Beispiel „Talk Talk Talk“ einstellen. Na, wie wär das?

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