Samstag, 3. November 2007

Praktikanten Blues

Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Zuerst die Gute: In Deutschland ist die Sklaverei abgeschafft. Die Schlechte: Es gibt noch reichlich Praktikumsplätze.
Seit dem Sommer suche ich nach einem Job. Ich habe ein abgeschlossenes Studium und gar nicht schlechte Noten. An jeder Ecke wird mir allerdings erzählt, dass ich nicht genug Arbeitserfahrung habe und deswegen eine Festanstellung nicht in Frage kommt. An Arbeitserfahrung kommt man als Geisteswissenschaftler in Deutschland aber offensichtlich nur über den Frondienst des Praktikums. Erst wenn man ein paar Jahre mit der Kette über den Boden geschleift ist, ist man vielleicht würdig genug.
Seit heute bin ich also der Bimbo eines großen Konzerns. Vollzeit für 2 Euro Fuffzig die Stunde. Da hat mich die Bundeswehr ja noch besser bezahlt! Was mich besonders ankotzt, ist das Missverhältnis zwischen der Bezahlung auf der einen Seite und meiner Verantwortung auf der anderen: Am Freitag haben wir noch gearbeitet, da war der Chef längst weg. Wir Praktikanten bestreiten einen großen Teil des Tagesgeschäfts.
Von mir wird erwartet, dass ich arbeite wie ein echter Mitarbeiter und mein Chef stellt die gleichen Ansprüche an mich, bezüglich Arbeitsdauer, Disziplin und Einsatz. Was rechtfertigt dann den Hungerlohn? Dass ich eventuell etwas lernen könnte? Das tut ein Lehrling doch auch, und der wird besser bezahlt. Aber man muss dieses Missverhältnis ertragen, weil alle, die motzen nachher im Zeugnis abgestraft werden und dann war die ganze Sache umsonst.
Ich bin schon gespannt auf meine nächsten Bewerbungen. Da muss einfach etwas dabei sein. Noch mehr Arbeitserfahrung kann ich mir nicht leisten. Dann wäre ich pleite.